Tagungen im Jagdschloss Schorfheide

Das Jagdschloss Schorfheide hat sich zum Ziel gesetzt, den Teil der deutschen Geschichte zu vermitteln, der sich mit den Zusammenhängen zwischen Jagd einerseits und Herrschaft, Kunst, Geschichte und den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen andererseits auseinandersetzt. Zu diesem Themenkreis finden im Jagdschlosses Schorfheide regelmäßig Tagungen statt.

Fand statt am 28. / 29. Juni 2023

DIE KUNSTSAMMLUNG HERMANN GÖRINGS IN CARINHALL - WAS IST AUS IHR GEWORDEN?

Der Waldhof „Carinhall“ in der Schorfheide war für Hermann Göring zwischen 1933 und 1945 neben seinem Amtssitz in Berlin der wohl bedeutendste Aufenthaltsort. Hier empfing er Staatsgäste, hier ging er zur Jagd, hier koordinierte er mit seinen Generälen den Luftkrieg.

Als leidenschaftlicher Kunstsammler nutze Göring Carinhall zudem als Ausstellungsort für seine durch Erbschaft, Kauf, Erpressung und Raub erworbenen Kunstwerke, die er auch mit Hilfe seines Kunsthändlers Walter Andreas Hofer zusammentrug. So entstand über die Jahre eine Sammlung, die, gemeinsam mit den Sammlungsteilen in Görings weiteren Wohnsitzen, nach Hitlers Sammlung für den “Sonderauftrag Linz” den zweitgrößten nationalsozialistischen Kunstbestand bildete.

Teile dieser Sammlung, wie etwa eine Figurengruppe des Bildhauers Arno Breker, werden derzeit im Jagdschloss Schorfheide ausgestellt. Görings Pläne, Carinhall in ein Museum, die „Norddeutsche Galerie“, mit den Schwerpunkten Mittelalter und Renaissance auszubauen, konnte aufgrund des Kriegsverlaufes nicht mehr realisiert werden.

Kurz vor Kriegsende verbrachte Göring einen großen Teil seiner Sammlung nach Bayern, wo sie von den Alliierten beschlagnahmt wurde. Die Siegermächte lösten die Sammlung auf und bemühten sich, die Verbrechen des nationalsozlistischen Kunstraubes in Ost und West aufzuarbeiten und die Werke in die Herkunftsländer zurück zu übertragen. Die meisten Kunstwerke wurden aus Berchtesgaden und anderen Auslagerungsorten in den Central Collecting Point (CCP) München überführt. Bereits im Herbst 1945 begann die Rückübertragung der im CCP inventarisierten Kunstwerke an die Opfer von Beschlagnahmungen und Zwangsverkäufen.

Im September 1949 übergaben die Amerikaner die Verantwortung für die Restitution dieses Bestandes an die deutschen Behörden. Der Bund und das Land Bayern einigten sich 1960 darauf, die Sammlung Göring zu teilen. Die bis zu diesem Zeitpunkt noch verbliebenen Objekte im Besitz des Bundes wurden 1963 teilweise an den Bundesschatzminister übertragen und werden derzeit von der Kunstverwaltung des Bundes betreut. Der Rest unterliegt der Zuständigkeit des Freistaates Bayern.

Ausgehend von Walter Andreas Hofer und seiner Mitwirkung beim Aufbau der Kunstsammlung Görings soll der historische Faden des weiteren Schicksals der Sammlung im Laufe der Geschichte bis heute verfolgt werden:

Was wurde aus den Teilen der Sammlung, die ab 1945 im CCP gesammelt wurden?

Was wurde aus den in Carinhall verbliebenen Teilen der Sammlung?

Wie kann und soll das Gelände künftig noch beforscht werden?

Wie ist wissenschaftlich und rechtlich mit in Carinhall gefundenen Objekten umzugehen?

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Fand statt am Freitag, den 18. September 2020

ROSE VALLAND - MONUMENTS WOMAN
RÉSISTANCE UND RESTITUTION

Während der Besetzung von Paris ab November 1940 erlebte Rose Valland (01.11.1898 - 18.09.1980) als Mitarbeiterin im Musée du Jeu de Paume den von den Nationalsozialisten organisierten Kunstraub durch den Einsatzstab Reichsleiters Rosenberg (ERR). Die von den Nazis gestohlenen Gemälde und Kunstwerke wurden dort vor dem Abtransport nach Deutschland zwischengelagert. Sie stammten überwiegend von französischen – oft jüdischen – privaten Sammlern und Händlern. Auch „Reichsmarschall“ Hermann Göring kam mehr als zwanzigmal ins Musée du Jeu de Paume, um Kunstwerke für seine Kunstsammlung in Carinhall, seiner Residenz in der Schorfheide, auszusuchen., und Rose Valland wurde Zeugin dieser „Einkaufstouren“.

Rose Valland gelang es, während der vierjährigen Besatzungszeit unter äußerst gefährlichen Bedingungen insgeheim detaillierte Listen der Kunstwerke mit ihren Bestimmungsorten in Deutschland zu erstellen. Diese heimlich gesammelten Notizen erwiesen sich nach dem Krieg als äußerst hilfreich für das Auffinden des gestohlenen Kulturguts und die Rückgabe an ihre rechtmäßigen Eigentümer.

Nach der Befreiung Frankreichs durch die Alliierten kam Rose Valland als Offizier der französischen Armee nach Deutschland, um zusammen mit den Alliierten die gestohlenen Kunstwerke zu finden und für deren Rückgabe zu sorgen. Hierzu war sie auch mehrfach in der sowjetischen Besatzungszone auf dem Gelände des Landsitzes Carinhall, der 1945 auf Veranlassung von Göring gesprengt worden war. Es wird geschätzt, dass dank ihrer Arbeit und ihres Engagements rund 60.000 Werke nach Frankreich zurückgeführt werden konnten.

Durch ihre Tätigkeit verkörpert sie eine wichtige Rolle im Diskurs um die Rettung und Restitution von geplündertem Kulturgut. Im Rahmen der Tagung anlässlich des 40. Todestages von Rose Valland wird ihr Beitrag zur Rettung europäischer Kunstschätze beleuchtet und in den Zusammenhang mit der Tätigkeit des ERR gestellt. Im regionalen Kontext mit der Schorfheide werden neuere Forschungen zur persönlichen Haltung Rose Vallands gegenüber Göring thematisiert. Das führt weiter zu Fragen nach dem aktuellen Forschungsstand und neuen interdisziplinären Perspektiven in der Provenienzforschung und der Restitutionspraxis von NS-Raubkunst im deutsch-französischen Kontext.

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Fand statt am 25. / 26. September 2019

"Kunst und Macht" - Auseinandersetzung mit nationalsozialistischer Staatskunst im Museum

Das Jagdschloss Schorfheide zeigt seit 2009 in seiner ständigen Ausstellung "Jagd und Macht" u. a. drei weibliche Statuen des Bildhauers Arno Breker, die aus der Kunstsammlung von Hermann Göring stammen. Zur Vorbereitung einer anstehenden Überarbeitung des Ausstellungskonzeptes fand am 26. September 2019 eine Fachtagung statt, die den Diskurs über Fragen führte wie:

Haben Museen heute die Verpflichtung, sich mit NS-Staatskunst auseinanderzusetzen?

Welche Aussage geht für heutige Betrachter von den Breker-Figuren aus?

Von welchem Standpunkt aus müssen wir sie befragen? In welchen Kontext müssen sie mit Fotos, Texten, Medienstationen eingeordnet werden?

Was ist dem heutigen Publikum an eigenem Geschichtsverständniss „zuzutrauen“?

Inwieweit können Ausstellungen in Museen zur Entwicklung von Geschichtsbewusstsein beitragen?

Welche demokratiefördernde Kraft können solche Ausstellungen haben?

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